Der Flughafen als möglicher Ort einer Malariainfektion

Originalpublikation: Velavan TP et al. A severe case of Plasmodium falciparum malaria in a traveler returning from Kazakhstan, a malaria-free country. Int J Infect Dis 2024; 143:107026. 

Aktuell haben 104 Länder der Erde den Status für „malariafrei“. Die Zunahme der weltweiten Reisetätigkeit und des Personenverkehrs trägt jedoch dazu bei, dass immer mehr Malariafälle importiert werden und Malaria in Ländern entdeckt wird, in denen sie nicht endemisch ist. Velavan et al. veröffentlichten den Bericht eines ungewöhnlichen Erkrankungsfalls.

Die Wissenschaftler des Instituts für Tropenmedizin in Tübingen beschreiben den Fall einer 42-jährigen Frau, die vor 5 Jahren im August die Notaufnahme des Krankenhauses Sindelfingen aufsuchte. Die Frau präsentierte sich mit einem instabilen Allgemeinzustand mit Fieber, begleitet von neurologischen Symptomen, Übelkeit und Kopfschmerzen. Vier Tage zuvor war die Frau von einer Reise nach Kasachstan mit einem kurzen Zwischenstopp am Flughafen in Instanbul, Türkei, zurückgekehrt. Nachdem eine kraniale Computertomographie keinen Befund ergab, verlegten die Ärzte aus Sindelfingen die Patientin auf die Intensivstation des Universitätsklinikums Tübingen. Dort erstellten die Ärzte ein komplettes Blutbild und leiteten eine umfassende infektiologische Abklärung ein. Ein dicker Blutfilm und Blutausstrich zeigte eine Malariaparasitämie mit einer Plasmodium falciparum-Parasitendichte von 30% mit 845.880 Parasiten/μL. Die Experten leiteten anschließend sofort die Behandlung mit Artesunat ein. Nach viermaliger Artesunatgabe erholte sich die Patientin und konnte nach 2 Tagen auf die Normalstation verlegt werden. Über eine anschließende Artemether/Lumefantrin-Therapie über 3 Tage hinweg eliminierten die Ärzte die restlichen Parasiten. An Tag 4 konnten die Ärzte mikroskopisch keine Malariaparasiten mehr im Blut der Patientin nachweisen. Nach insgesamt 10 Tagen Krankenhausaufenthalt konnten die Ärzte die Patientin in gesundem Zustand entlassen. Die Immunologen verglichen die Parasitenisolate der Patientin mit Laborstämmen verschiedener geografischer Herkunft, darunter Afrika (Typen NF54, 3D7) und Südamerika (Typ 7G8). Um einen möglichen Ursprung zu bestimmen und zu identifizieren, untersuchten die Forscher die isolierte P. falciparum-DNA auch auf genetische Vielfalt und Allelhäufigkeit des Merozoiten-Oberflächenprotein 1 (msp-1). Alle molekularen Tests bestätigten, dass die polyklonalen Parasiten zu einem Parasiten vom Typ NF54 gehörten. Die untersuchten Patientenisolate wiesen zwei msp-1 K1-Allele auf. Mit den neutralen Mikrosatellitenmarkern wiesen die Forscher ebenfalls zwei unabhängige Allele für drei Loci nach. Dies deutet auf eine eindeutige polyklonale Infektion hin, was auf den Stich mehrerer infektiöser Mücken oder einen infektiösen Stich einer einzigen Mücke mit mehreren Parasitentypen schließen lässt. Angesichts des klinischen Bildes mit hoher Parasitämie am Tag der Krankenhausaufnahme diskutieren die Experten die Möglichkeit, dass die Patientin während ihres kurzen Transits nach Istanbul ca. 3 Wochen zuvor mit Malaria infiziert wurde, nicht aber während ihres kurzen Transits zurück nach Istanbul 4 Tage zuvor und auch nicht am Flughafen in Almaty. Diese mögliche Erklärung spräche für eine „Flughafenmalaria“ am Flughafen Istanbul. Eine wahrscheinliche Erklärung wäre außerdem, dass die Infektion während des Aufenthalts der Patientin in Kasachstan erfolgte.

Fazit:

Malariafälle, die aus malariafreien Ländern importiert werden, stellen eine Herausforderung für die Einleitung einer raschen Behandlung dar, insbesondere für medizinische Fachkräfte, die nicht auf Infektionskrankheiten spezialisiert sind. Dieser Fallbericht unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen klinischen Anamnese und einer Malaria als Differentialdiagnose, wenn Patienten mit Fieber unbekannter Herkunft vorgestellt werden, so die Experten.

Quelle:

Autor Studienreferat: Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen